Stimme der Wirtschaft: Demografie und Rente


post-01

Ratingen wächst, wenn auch nur langsam. Im Jahr 2023 lebten 92.893 Menschen in unserer Stadt, gerade einmal 67 mehr als im Jahr zuvor. Ratingen altert aber auch: Mehr als ein Viertel der Ratinger Bevölkerung ist inzwischen 65 Jahre oder älter. Gleichzeitig machen Kinder unter sechs Jahren nur etwa fünf Prozent der Stadtgesellschaft aus. Diese Zahlen aus dem Statistischen Jahrbuch zeigen deutlich, dass Ratingen älter wird. In den kommenden Jahren dürfte sich dieser Trend weiter verstärken.

Das hat weitreichende Folgen, lokal etwa für die soziale Infrastruktur und den Arbeitsmarkt, aber auch bundesweit für die Zukunft unserer Rente. Denn wenn der Anteil der älteren Generation wächst und gleichzeitig immer weniger junge Menschen nachrücken, geraten sowohl die Finanzierung der Sozialsysteme als auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft unter Druck.

Ein Blick in die Statistik macht die Dimension noch klarer: Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer hat sich seit den 1960er Jahren nahezu verdoppelt. Männer bezogen damals im Schnitt rund zehn Jahre Rente, heute sind es fast 19 Jahre. Bei Frauen stieg die Dauer im gleichen Zeitraum von gut zehn Jahren auf über 21 Jahre. Das ist eine erfreuliche Folge gestiegener Lebenserwartung, aber auch eine enorme Belastung für das Umlagesystem. Damit rückt zwangsläufig auch die Frage nach der Lebensarbeitszeit in den Fokus. Wenn Menschen immer länger Rente beziehen, muss auch darüber gesprochen werden, wie die aktive Phase im Erwerbsleben gestaltet und gegebenenfalls verlängert werden kann.

Was in den Statistiken nüchtern klingt, spüren wir in Ratingen ganz konkret. Für die Unternehmen vor Ort ist das weit mehr als eine abstrakte Zahl. Viele Betriebe berichten bereits heute von Schwierigkeiten, Nachwuchskräfte zu gewinnen. Gleichzeitig verfügen die Unternehmen über erfahrene Beschäftigte, deren Wissen unverzichtbar ist, die aber in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Wenn es uns nicht gelingt, diesen Generationswechsel zu gestalten, fehlen Fachkräfte, Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Ratingen gerät ins Wanken.

Deshalb muss die Berufsorientierung an unseren Schulen frühzeitig ansetzen, damit junge Menschen direkt vor Ort den Weg in Ausbildung und Beruf finden. Die Stadt kann hier durch eine enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen und eine gezielte Wirtschaftsförderung wichtige Impulse setzen. Ebenso gilt es, die Potenziale älterer Beschäftigter länger zu nutzen, zum Beispiel durch flexible Arbeitsmodelle oder gezielte Weiterbildung. Und nicht zuletzt hängt die Standortattraktivität auch davon ab, wie schnell und unbürokratisch Investitionen möglich sind oder ob Kinderbetreuung zuverlässig funktioniert.

Der demografische Wandel ist keine ferne Zukunftsdebatte, sondern schon heute Realität in Ratingen. Die aktuellen Daten aus dem Statistischen Jahrbuch machen klar: Unsere Stadt wird älter und die verlängerte Rentenbezugsdauer verschärft die Herausforderungen zusätzlich. Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, damit Ratingen wirtschaftlich stark und lebenswert bleibt für alle Generationen.

Hakan Cetin