Segen und Fluch der Digitalisierung


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Ein ganzer Monat ist vergangen – und die Homepage der Stadt Ratingen ist noch immer mehr oder weniger offline. In der Nacht auf den 30. Oktober wurde bei der Südwestfalen-IT (SIT) ein Cyberangriff entdeckt. Aus Sicherheitsgründen musste die gesamte IT vom Netz genommen werden, betroffen ist auch die Stadt Ratingen – wenn auch in geringerem Maße als andere Städte und Kommunen. Anfangs ging man von rund 70 betroffenen Kommunen aus, für die SIT die gesamte IT-Infrastruktur bereitstellt. Mittlerweile wird von 100 Städten und Kommunen gesprochen, die häufig vollständig von der Außenwelt abgeschnitten sind – keine digitale Dienstleistung ist mehr möglich, keine Beantragung von Reisepässen, Personalausweisen oder Geburtsurkunden.

Ratingen hat Glück gehabt, weil lediglich die Homepage nicht mehr erreichbar ist, die IT aber sonst noch funktioniert.

Manch einer meint jetzt vielleicht, dass in analogen Zeiten alles besser war. Das Gegenteil ist der Fall. Auch im Online-Banking kann es zu Betrugsfällen kommen – deren Zahl ist aber viel geringer als in Zeiten, als noch Unterschriften auf Überweisungsformularen oder Barauszahlungsbelegen gefälscht wurden. Auch die Überprüfung von Zweifelsfällen war viel aufwändiger – und das Ergebnis schlechter.

Also bleibt es dabei: die Digitalisierung muss weiter vorangetrieben werden. Denn nur dann hat Deutschland eine Chance, sich im weltweiten Wettbewerb zu behaupten.

Was aber verbessert werden muss: der Schutz gegen Cyberkriminalität. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz weist darauf hin, dass derzeit die meisten Cyberangriffe aus Russland kommen, gefolgt von China, aber auch aus dem Iran und Nordkorea. Außerdem geben viele Nutzer in den sozialen Medien große Mengen von persönlichen Daten preis, ohne darüber nachzudenken, dass so der Identitätsdiebstahl ganz einfach gemacht wird.

Die schlechte Nachricht: durch die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz KI wird die Zahl der Betrugsversuche weiter zunehmen. Schon heute gibt es Fälle, in denen Mitarbeitende angeblich von ihrem Chef angerufen worden sind und mit der Überweisung hoher Summen auf ausländische Konten beauftragt wurden. Die Angerufenen schwören Stein und Bein, dass sie die Stimme ihres Chefs erkannt haben, außerdem habe er ja ein besonderes persönliches Wissen gehabt. Häufig wird dann vermutet, dass KI im Spiel war, um Stimmen zu verfremden. Und das besondere Spezialwissen konnte man sich vielleicht einfach in sozialen Medien besorgen.

Der Unternehmensverband Ratingen wird daher im Jahr 2024 den Veranstaltungsschwerpunkt auf den Schutz vor Spionage und Cyberattacken legen.

Dr. Axel Mauersberger