Ratingen muss im Haushalt die richtigen Prioritäten setzen


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Der Unternehmensverband Ratingen e.V. (UVR) nimmt zum Haushaltsplanentwurf 2021 der Stadt Ratingen wie folgt Stellung:

Die Corona-Pandemie hat dem städtischen Haushalt bereits im vergangenen Jahr erheblich zugesetzt. Die Auswirkungen werden wir alle auch in den kommenden Jahren zu spüren bekommen. Daher gilt es, im Jahr 2021 und auch in den Folgejahren Prioritäten zu setzen – und zwar die richtigen.

Ratingen hat in den vergangenen Jahren regelmäßig Überschüsse erwirtschaftet – das kommt der Stadt in dieser Zeit sehr zugute. Nach einem Überschuss von fast 50 Mio. Euro im Jahr 2019 wird auch das Jahr 2020 voraussichtlich mit einem erheblichen Überschuss enden. Allerdings sind diese Überschüsse zum erheblichen Teil auf letztmalige Einmaleffekte wie die Abrechnung des Fonds Deutsche Einheit sowie Kompensationszahlungen von Bund und Land für Gewerbesteuerausfälle zurückzuführen. Bereits in diesem Jahr und in den Jahren bis 2024 werden echte Jahresfehlbeträge in etwa gleicher Höhe wie die Überschüsse in den Vorjahren entstehen – voraussichtlich mehr als 75 Mio. Euro. Frühestens im Jahr 2025 kann wieder mit einem ausgeglichenen Haushalt gerechnet werden.

Während Bund und Land NRW für das Jahr 2020 einen pauschalen Ausgleich für geringere Gewerbesteuereinnahmen an die Kommunen geleistet haben, steht eine solche Regelung für das Jahr 2021 noch aus. Der UVR sieht Bund und Land auch für 2021 in der Pflicht, die Kommunen finanziell zu unterstützen. Das gilt insbesondere auf dem Hintergrund der prekären Lage vieler Kommunen, gerade auch im Norden des Kreises Mettmann.

In Ratingen hat die Verwaltung im Haushaltsentwurf trotz der dramatischen Veränderung der Einnahmensituation vorgeschlagen, sowohl den Gewerbesteuer- als auch den Grundsteuerhebesatz unverändert zu lassen. Der UVR begrüßt dieses Vorhaben sehr, da eine Erhöhung in diesen für viele Unternehmen schwierigen und teilweise existenzbedrohenden Zeiten das falsche Signal an die Ratinger Wirtschaft wäre.

Angesichts der Dramatik der Veränderungen gilt es nun aber, Prioritäten bei den zukünftigen Ausgaben zu setzen – und zwar die richtigen. Wie Bürgermeister Klaus Pesch in seiner Einbringungsrede sagte: „Wir müssen neu denken“.

Das betrifft aus Sicht der Wirtschaft zum einen den Bereich der Personalkosten. Denn diese sind einer der wenigen Ausgabeposten, auf die die Stadt selbst großen Einfluss hat. Seit vielen Jahren hat der UVR immer wieder darauf gedrängt, insbesondere durch die Digitalisierung städtischer Dienstleistungen Personal einzusparen. Noch in der Stellungnahme zum letzten Haushaltsentwurf hatte der UVR nach dem Ergebnis des vor rund fünf Jahren beschlossenen Konzepts zur Konsolidierung des Kostenblocks „Personal“ gefragt. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung der städtischen Dienstleistungen ist – sowohl unter Kostengesichtspunkten als auch auf dem Hintergrund des weiteren Funktionierens der Verwaltung in dieser besonderen Situation. Daher muss die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Hinzu kommt, dass durch die Digitalisierung auch der Klimaschutz verbessert wird. Digitale Dienstleistungen ersparen beispielsweise Fahrten und Fahrtzeiten, sei es für die Bürger, um zu der Behörde zu kommen, sei es für die städtischen Mitarbeiter, die von zu Hause arbeiten können und nicht in die Verwaltung fahren müssen.

Neue zusätzliche Stellen dürfen nach unserer Meinung nur geschaffen werden, wenn sie aufgrund zwingender gesetzlicher Vorgaben unabwendbar sind, z. B. im Bereich der Kindertagesbetreuung etc. Der UVR appelliert daher an die Fraktionen im Stadtrat, sich aller Wünsche nach Schaffung zusätzlicher Stellen zu enthalten. Insbesondere darf es nicht zu einem Wettbewerb der Art kommen, dass jede Fraktion etwas für ihre Klientel „herausholen“ muss. In diesen schwierigen Zeiten sollten alle Politiker zusammenstehen und stolz darauf sein, ein gerechtes Sparpaket geschnürt zu haben. Anderenfalls kann es in den kommenden Jahren doch zu Steuererhöhungen kommen, die für den Standort Ratingen äußerst schädlich wären.

Der UVR begrüßt daher auch den Vorschlag der Verwaltung, das Investitionsprogramm für die kommenden Jahre an das tatsächlich im Hinblick auf die Personalkapazitäten machbare anzupassen. Es ist sinnvoll und ehrlich, die investiven Planungen so zu gestalten, dass sie realistisch abgearbeitet werden können.

Auch wenn durch die Digitalisierung und die Arbeit von zu Hause nicht unerhebliche Arbeitswege entfallen können, wird dennoch die Zahl der Einpendler nach Ratingen hoch bleiben. Viele insbesondere gewerbliche Tätigkeiten lassen sich nur am Arbeitsplatz vor Ort erledigen. Daher gilt auch weiterhin die Forderung des UVR, möglichst aus Einpendlern Einwohner zu machen. Wegen des auch auf längere Sicht hohen Preisniveaus sowohl im Wohn- als auch im Gewerbebereich ist aus Sicht des UVR zur Erreichung dieses Ziels ein strategischer Grunderwerb durch die Stadt, wie er auch in diesem Jahr vorgesehen ist, eine sinnvolle Ergänzung.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Stadt Ratingen trotz der erheblichen Belastungen in den kommenden Jahren mit dem Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2021 auf dem richtigen Weg ist. Wichtig ist es aber, dass durch die nun laufenden Beratungen in den politischen Gremien keine neuen zusätzlichen Ausgaben generiert werden. Der von der Verwaltung vorgeschlagene Konsolidierungspfad muss nach Ansicht der Ratinger Wirtschaft eingehalten werden. Anderenfalls wären in den kommenden Jahren Steuererhöhungen wohl unabwendbar. Dies würde dem Standort Ratingen nachhaltig schaden und ihn im Wettbewerb mit den anderen Kommunen zurückfallen lassen.


Olaf Tünkers Dr. Axel Mauersberger
Vorsitzender Geschäftsführer