Junge Menschen in die Stadt holen


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Vor knapp einer Woche hat das Land NRW die Corona-Schutzverordnung aufgehoben. Die letzten Beschränkungen sind gefallen, alles scheint wieder normal zu sein. Ob sich Personen aus vulnerablen Gruppen weiterhin etwa durch das Tragen von Masken schützen sollten, ist eine andere Frage. Die spätwinterliche Grippewelle spricht vielleicht dafür.

Ratingen ist gut durch die Pandemie gekommen, das belegen auch Zahlen aus dem Statistischen Jahrbuch der Stadt. Weiterhin gilt: tagsüber ist Ratingen während der Woche eine (kleinere) Großstadt, nachts wieder nur eine „große Mittelstadt“. Denn bei einem Überschuss der Einpendler über die Auspendler von rund 12.500 Personen befinden sich in der Woche tagsüber mehr als 100.000 Personen in der Stadt.

Was Ratingen mit vielen anderen Städten teilt: die Einwohner werden im Durchschnitt immer älter. Von 2011 bis 2021 ist der Anteil der über 65-Jährigen von 23,5 auf 25,4 Prozent gestiegen. Jeder vierte Bewohner ist also heute schon im Rentenalter. Und wenn man die Gruppe der Bewohner*innen ab Alter 60 separat betrachtet, steigt der Anteil der Hochbetagten nochmals an. Waren im Jahr 2011 18,5 Prozent dieser Gruppe mindestens 80 Jahre alt, sind es 2021 bereits 27,5 Prozent. Ihr Anteil hat sich also um rund die Hälfte erhöht. Das ist ein Verdienst der Verbesserungen in der Medizintechnik und bei der Früherkennung und Behandlung von Krankheiten.

Für eine Stadt wie Ratingen stellt sich aber die Aufgabe, junge Menschen in die Stadt zu holen und auch hier zu halten. Da ist es positiv, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Standort trotz Pandemie auf ein Allzeithoch gestiegen ist. Wenn jedoch die Zahl der Wohnungen in Ratingen seit rund fünfzehn Jahren bei gut 45.000 dümpelt, muss das ein Warnzeichen sein. Es müssen mehr Wohnungen gebaut werden – und zwar bezahlbare. Da ist es ein Anfang, dass am Bechemer Carré bereits Wohnungen bezogen wurden, die Ratinger Wohnungsbaugesellschaft in Tiefenbroich baut und die Wallhöfe bald bezugsfertig sein werden. Aber es muss noch mehr passieren, zumal nicht mehr zeitgemäßer Wohnraum auch wegfällt.

Der nächste Aderlass zeigt sich übrigens schon am Horizont: Spätestens in acht Jahren gehen die 1964 geborenen Babyboomer in die Rente – und junge Mitarbeitende, die deren Stellen in den kommenden Jahren übernehmen, sollten möglichst in Ratingen ein attraktives Wohn- und Lebensumfeld finden. Auch das wäre Nachhaltigkeit.

Dr. Axel Mauersberger